August 2018: Klettern in Traumfels - Abenteuer Schwarze Wand
Das Jubiläumsbuch
Einen kleinen Fotoapparat hatte ich dabei, das Wetter war schlechter als nur "mäßig", aber für ein paar Bilder der umstehenden Wände hat's gereicht.

Aber der Hammer: was war denn das für eine Wand?
Eine Wand wie ein Strich! Kompakt, senkrecht, immer wieder Überhänge... Ob da was ginge?
"Daaa möchtest du..." So erfuhr ich von "Aufgeben ist nicht die Aufgabe", einem mittlerweile ewigen Projekt von Stefan Glowacz, oder von einer "Black Beauty", und daß dort der zehnte, elfte Grad angesagt ist. Nein, daaa wollte, besser gesagt konnte ich sinnigerweise nicht...
Es vergingen ein paar Jahre.
Und wenn's vielleicht doch net so schwer wär'?
Irgendwie wollte sich dieses Prinzip Hoffnung nicht unterkriegen lassen. "Und wenn der Franz dabei wäre, dann iss ja schon noch Luft nach oben."Der Franz willigte ein. Im Frühsommer 2014 stiegen wir ein erstes Mal in die Wand ein. Dem Einstiegsband folgten wir knappe zehn Meter, danach steil und geradlinig nach oben. Sehr griffig sah alles aus und oftmals, dort wo kurze Risse vorlagen, stimmte das auch.



Die Seillänge zog ganz schön an und einige Haken lassen sich richtig schwer setzen. Immer gerade weiter: zuletzt an einem Überhang ein paar Züge nach rechts ausquietschen, bequemer Stand auf Podest.







Bis zum nächsten Mal dauerte es ein weiteres Jahr. Mittlerweile war es bereits anstrengend, bis zum Umkehrpunkt zu gelangen.
"Vom Stand gerade hoch und in einer Rechts-Links-Schleife auf ein schmales Band. Von dort links und in möglicherweise sehr leichtem Gelände zu einem sperrenden Bollwerk..."
So hatten es zumindest Wandfotos nahegelegt. Vor Ort stellte sich das so dar: vom Stand weg war es wohl nicht allzu schwer, aber von den Überhängen tropfte es herab. Was da daherkam war kein Wasser, wie ein lehmiger Baatz lag es auf dem Fels und wartete auf mich. Beim letzten Mal war hier nichts, und auch in allen späteren Begehungen war hier alles sauber.Heute, als das Teilstück fallen sollte, wieß uns die Wand mit widerlichem Schleim ab. Im Überhang den ersten Haken gesetzt und dann begann ein Spiel, das von den ersten Längen schon bekannt war: was aus der Entfernung aussah wie eine bombastische Lochwand mit Griffen in Hülle und Fülle, das war - aus der Nähe betrachtet - eine Ansammlung von Nichts.


"...von dort leicht links weiter und in möglicherweise sehr leichtem Gelände..."
So war der ursprüngliche Plan und tatsächlich: links zog ein stumpfer Riß hoch, bestimmt kaum schwerer als 6+, danach leichter werdend. Ein paar Versuche weiter zu steigen, aber jedesmal zurück zum letzten Haken.Heute, vielleicht 18, 20 Meter nach dem Umkehrpunkt hieß es: "Spieler schwach wie Flasche leer". Zum Zwischenhaken einen weiteren gesetzt - es werde Stand.
Franz kam nach, noch zwei Versuche und dann war klar: heute geht nichts mehr, selbst Nichtstun überfordert mich. Runter!
"...als erstes muß ich eine Bandschlinge in den Gurt hängen, dann diese mit einem Schrauber in den Stand. Zuschrauben. Paßt alles? Okay, dann als Nächstes..." In diesem Stil ging es Handgriff um Handgriff und von Stand zu Stand nach unten. Was sonst Routine ist, wollte heute bis ins Detail überdacht und geprüft sein.
Vom dritten Stand erreicht man den Wandfuß nicht. Also einen Abseilstand einrichten, in meinem Zustand gar nicht so einfach. Immerhin muß man die Wand aufgrund der Steilheit erst anpendeln und sich selbst beim Bohren noch plagen. Aber dann: endlich unten!
Auch in diesem Jahr gab es keinen weiteren Anlauf, und auch nicht im darauf folgenden. Seit der fünften Seillänge bereitete das durchaus gemischte Gefühle: wie lange werde ich so etwas überhaupt noch gehen können? Aber andererseits auch: gottseidank, dann muß ich mich wenigstens nicht über die Monsterlänge hinwegplagen!
Es folgte das Jahr 2018! Da war es schon einmal günstig, daß ich zumeist schon am Vortag zur Höllentalangerhütte hochging und dort übernachtete. Den schweren Bohrkram-Rucksack zum Wandfuß schleppen kostete immer noch ein paar Schweißperlen. Aber am Einstieg bereits angezählt - das war ich im Gegensatz zu den Vorjahren nicht.
Am Umkehrpunkt übernahm ab jetzt Franz die Bohrerei. Im Unterschied zum alten Plan drängte Franz nach rechts. Das bedeutete: ein 20m-Quergang in nahezu strukturlosem Fels!



"Nachkommen".
Manchmal birgt dieser Ruf auch etwas Furchteinflößendes - und heute war das so. Ein Quergang im achten Grad: mehr sog' i net :-))

Nur zwei Wochen später folgte Anlauf Nr. 5 mit ein paar Passagen 7- und 7 und auch in dieser Seillänge wieder alpine Teilstrecken, nix für Anreißer. Die anschließende 9te Seillänge lotet noch einmal die obere Grenze des siebten Grades aus - und hätte uns ein nahendes Gewitter nicht zum Rückzug gezwungen, wären wir wahrscheinlich am gleichen Tag noch mit der Route fertig geworden.
So aber: schnell hinunter! Kaum waren wir am Einstieg, legte das Gewitter richtig los, begleitet von heftigen Niederschlägen. Durch die Steilheit der Wand geschützt, saßen wir gemütlich unten und warteten im Trockenen das Ende des Regenvorhangs ab.
Anfang August mußte es dann klappen! Der neunten Länge fehlten noch fünf sechs Meter. Nummer zehn war kurz und leicht, wenn auch recht alpin. Fertig?
Wie sich herausstellte war die Felsqualität oberhalb gruselig: Sondierungsschläge mit dem Kletterhammer sagten: "hier hohl". Weiter rechts "hohl", ein paar Meter links "hohl", oberhalb "hohl". Es schien, als wäre die Wand großflächig mit einer locker verbundenen Felshaut überzogen. Hier Expansionshaken setzen?
Die Tour sollte nach Möglichkeit sicher sein, keine Sicherheit vortäuschen.
Wir beschlossen "Fertig!" und beendeten damit am 09. August 2018 unser langjähriges Projekt an der Schwarzen Wand.
Einen Namen brauchten wir nicht ausdenken, er stand von Anfang an fest: "Das Jubiläumsbuch". Was es mit dem Namen auf sich hat, kann man anderswo auf "alpines-klettern" finden.Fehlt noch eine "Kleinigkeit": erste Rotpunktbegehung! Ich schlug vor, die Route zu dritt zu begehen: einer klettert, einer sichert, einer fotographiert. Franz hörte sich in seinem Freundeskreis um. Und genau eine Woche später, am 16. August sollte es schon so weit sein:
Thomas Holler, ein Bergführerkollege aus Garmisch kam mit. Der größte Teil der Bilder stammt aus dieser Aktion.


Zum Ende des Berichts noch eine Fotosequenz aus der Schlüsselseillänge ( 9+ ) während der ersten Rotpunktbegehung.
Schwierig, anstrengend, aufregend: das sind Begriffe die, und das gilt nur für mich persönlich, höchstens einen Streifschuß darstellen.
Einen Streifschuß am "Abenteuer Schwarze Wand", das mit Abstand Schwierigste und Anspruchsvollste, das ich je in Sachen Klettern unternommen habe.
Grüße, Hans